Die erfolgreiche Kooperation zwischen dem Grazer Forschungszentrum für Berufsrecht (ZBR), geleitet von Univ.-Prof.in Dr.in Bettina Nunner-Krautgasser, und dem Institut für Prozess- und Anwaltsrecht (IPA) der Universität Hannover ging in die nächste Runde: Am 17. und 18. Juni fand bereits zum fünften Mal das Seminar „Anwaltsrecht im Rechtsvergleich“ statt, in dessen Rahmen wir Prof. Dr. Christian Wolf (Leiter des IPA) samt seinem Team und seinen Studierenden ein weiteres Mal bei uns an der REWI Graz willkommen heißen durften.
Das diesjährige Seminar war dem Thema „Anwaltliche Disziplinar- bzw Berufsgerichtsbarkeit: Österreich und Deutschland im Rechtsvergleich“ gewidmet. Insgesamt beschäftigten sich sechzehn Studierende mit dem einschlägigen österreichischen bzw deutschen Recht. Die Studierenden setzten sich in (jeweils aus einem österreichischen und einem deutschen Studierenden bestehenden) Teams sowohl mit der österreichischen als auch mit der deutschen Rechtslage auseinander und stellten ihre Ergebnisse in Präsentationen vor; im Anschluss daran wurden die unterschiedlichen Regelungsansätze der beiden Rechtsordnungen diskutiert. Dabei zeigte sich, dass es neben der Terminologie (in Österreich: Anwaltliche Disziplinargerichtsbarkeit; in Deutschland: Anwaltliche Berufsgerichtsbarkeit) noch weitere wesentliche Unterschiede gibt, die vor allem das Disziplinarverfahren (österreichische Bezeichnung) bzw das anwaltsgerichtliche Verfahren (deutsche Bezeichnung) betreffen. Die erste Abweichung findet sich bereits bei der Einleitung des Verfahrens: Während das Disziplinarverfahren in Österreich nur auf Antrag des Kammeranwalts (=ein Organ sui generis des Disziplinarrats) eingeleitet wird (§ 20 Abs 2 DSt), obliegt es in Deutschland der (General-)Staatsanwaltschaft, ein anwaltsgerichtliches Verfahren in Gang zu setzen (§ 121 dBRAO). Und auch im weiteren Verlauf des Verfahrens bestehen Unterschiede: So ist etwa das Disziplinarverfahren in Österreich im Hinblick auf den Schutz der Einhaltung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nicht öffentlich, während das anwaltsgerichtliche Verfahren in Deutschland seit der BRAO-Reform 2021 dem Grundsatz der Öffentlichkeit unterliegt. Die Abschlussdiskussion wurde darüber geführt, welche dieser Regelungen den Grundwerten und -pflichten des Anwaltlichen Berufsrechts (die in Österreich und Deutschland weitgehend dieselben sind, nämlich Unabhängigkeit, Verschwiegenheit und Freiheit von Interessenskollisionen) besser Rechnung tragen. Dabei kam man zum Schluss, dass beide Regelungsansätze sowohl Vor- als auch Nachteile haben. Abgerundet wurden die beiden Seminartage durch eine Stadtführung durch Graz, einem gemeinsamen Essen sowie dem Public Viewing der Fußball-EM im HS 15.03.
Das nächste rechtsvergleichende Seminar von Univ-Prof.in Dr.in Bettina Nunner-Krautgasser und Prof. Dr. Christian Wolf ist für das Sommersemester 2025 geplant. Alle Studierende, die sich bereits früher rechtsvergleichend mit dem Anwaltlichen Berufsrecht beschäftigen möchten, dürfen wir auf den geplanten Kurs von Prof. Dr. Christian Wolf im kommenden Wintersemester aufmerksam machen.