1) Praxisorientierung in der Wissensvermittlung
Aufgrund meiner nunmehr über zweijährigen Praxiserfahrung in einer Grazer Wirtschaftskanzlei erachte ich es für besonders wichtig, den Studierenden aufzuzeigen, wie praxisrelevant die Themen sind, die wir in der VU „Angewandtes Zivilverfahrensrecht“ gemeinsam erarbeiten: „Access to justice“ ist mehr als ein Schlagwort – der Wert des Privatrechts ist durch seine Durchsetzbarkeit bedingt. Zivilgerichtliche Zuständigkeit, die richtige Klagsart, die Steuerung des Fortgangs des Zivilprozesses, Prozesstaktik und die Wichtigkeit, den eigenen (Rechts-)Standpunkt unter Beweis stellen zu können – all das ist nicht nur für die VO-Prüfung, sondern auch in der Praxis von immenser Bedeutung.
Daher sind nahezu all meine Übungsbeispiele Gerichtsentscheidungen oder Praxisfällen aus der Kanzleitätigkeit nachgebaut; auch Aktualitätsbezug ist meines Erachtens wichtig: So habe ich in Bezug auf Unterlassungsklagen den Fall „FPÖ gegen Tagespresse“ dargestellt, in dem die FPÖ die Tagespresse auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung wegen Fake-Briefen mit FPÖ-Logo betreffend eine Wirtshaus-Prämie ua für „Gabalier-Fleischlaberl“ geklagt hatte. Zur Veranschaulichung des komplexen Themengebiets der einstweiligen Verfügung habe ich einen Musterfall entworfen, der dem viral gegangenen Fall „Art gegen 23Hours (Dagi Bee)“ nachempfunden war; dort hatte das Musiklabel nach der Sachverhaltsfeststellung und rechtlichen Beurteilung des LG Köln (21.12.2023, AZ: 14 O 354/23) mehrere Songs des betroffenen Rappers ohne dessen Zustimmung (und nach Beendigung des Künstler-Vertrags durch den Rapper) „released“, weshalb das Gericht die einstweilige Verfügung bestätigte. Schließlich bot im Insolvenzrecht die „Causa SIGNA“ Nährboden für zahlreiche spannende Diskussionen.
2) Das kommunikative Miteinander
Gute Lehre zeichnet sich meines Erachtens durch ein angenehmes Arbeitsklima aus. Daher ist mein Ansatz, meine Einheiten so inklusiv wie möglich zu gestalten: Es soll Platz für Diskussionen sein; keine:r soll Angst haben, gegebenenfalls auch mal etwas Falsches zu sagen, denn auch ich mache Fehler – „Irren ist menschlich“. Die Wissensvermittlung soll nicht „von oben nach unten“ erfolgen; die professionelle Distanz soll (wenngleich soweit vorhanden wie nötig) so gering wie möglich sein – auch ich bin nach wie vor Student meines Faches. Schließlich soll Lehre uns gemeinsam weiterbringen: Dafür bevorzuge ich ein lustiges und nettes Miteinander, in dem sich idealerweise meine Begeisterung für das Fach auf die VU-Teilnehmer:innen gerade durch das gemeinsame „wissenschaftliche Räsonieren“ über aktuelle Fälle und Probleme überträgt.
3) Faire Beurteilung
Im Rahmen einer prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung ist meines Erachtens aus dem gesamten Spektrum möglicher Leistungsbeurteilungsformen zu schöpfen: Daher schicke ich Vorbereitungsblätter mit Theorie- und Wissensfragen sowie Übungsfällen für die jeweilige Einheit aus, sodass sich die VU-Teilnehmer:innen selbst auf die Einheit vorbereiten können (Fernphase). In der Einheit erarbeiten wir die Stoffinhalte anhand dieser Fragen und Fälle gemeinsam (Präsenzphase). Zur Nachbereitung können die VU-Teilnehmer:innen dann Selbst-Checks auf Moodle ausfüllen und überprüfen, ob die Inhalte verstanden worden sind (Wiederholung) – gleichzeitig gibt es mir die Möglichkeit, einen Eindruck zu gewinnen, ob der transportierte Lernstoff „angekommen“ ist (Reflexion). Auf diese Weise wird für unterschiedliche Charaktere (von „Diskussionskanone“ bis „stille:r Gesellschafter:in“) genügend Raum für Mitarbeit geboten, die sich positiv auf die Gesamtnote auswirkt. Abschließend findet eine schriftliche Endklausur statt, die meiner bisherigen Wahrnehmung nach „anspruchsvoll, aber gut schaffbar“ ist, weil sie sich ausschließlich auf gemeinsam durchgemachte Lerninhalte beschränkt – in Zusammenspiel mit den von den Studierenden sehr positiv angenommenen Mitarbeitsmöglichkeiten hat das bisher stets zu überwiegend guten bis sehr guten Gesamtbeurteilungen geführt.
4) Netter Ausklang nach getaner Arbeit
Schließlich ist es nach getaner Arbeit auch schön, den gemeinsamen Erfolg der – positiv – abgeschlossenen VU in einem netten Rahmen ausklingen zu lassen. Dafür bieten sich im Winter der Glühwein-, im Sommer der Spritzerstand für ein nettes Abschluss-Get-Together an. Das gibt Studierenden untereinander die Möglichkeit, sich zu vernetzen und mir die Chance, ein nahbares Verhältnis zu Studierenden und damit zu dem Gefühl zu bewahren, wie es ist, Studierender im Diplomstudium zu sein. Die VU-Teilnehmer:innen können mir unmittelbar – außerhalb eines universitären Hörsaal-Settings – mitteilen, was ihnen gut oder weniger gut an der VU gefallen hat, was ihre Ängste betreffend die VO-Prüfung sind, oder worauf in zukünftigen LVs noch mehr Bedacht genommen werden könnte… und vieles mehr, das keinen unmittelbaren Konnex zum Studium aufweist.
Abschließend gilt es, von mir empfundene Dankbarkeit in ein Wortgewand zu kleiden:
Zuvörderst ein herzliches Dankeschön an meine liebe Chefin Univ.-Prof.in Dr.in Bettina Nunner-Krautgasser, die mich stets fordert und fördert – ohne ihre Prägung in den letzten eineinhalb Jahren wäre ich nicht der Jurist, der ich heute bin. Dasselbe gilt für unser aktuelles, großartiges Team (Jasmin Bergler, Stefan Königshofer, Teresa Perner, Birgit Somrak, Michaela Schober Vítková). Weiters danken möchte ich Univ.-Prof. Dr. Walter Doralt sowie Univ.-Prof. Dr. Thomas Garber und seinem ehemaligen Team an der REWI Uni Graz, dem ich 2022 ebenfalls neun Monate angehören durfte – auch sie haben auf meine Entwicklung positiv Einfluss genommen. Ferner gilt mein Dank allen bei KAPP & Partner, mit denen ich seit zweieinhalb Jahren genussvoll zusammenarbeite – sie sind für meine praxisorientierte Ausrichtung der VU maßgeblich (mit-)verantwortlich.
Und – last but not least – ist mein herzlicher Dank Euch allen gewidmet, die Ihr im Rahmen des REWI-Lehrpreises für mich abgestimmt und mich auf die Eins „gevoted“ habt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich hoffe, Ihr habt in unserer gemeinsamen Lehrveranstaltung nicht nur viel gelernt, sondern auch – so wie ich – viel Spaß gehabt. Am allermeisten würde es mich jedoch freuen, wenn Ihr aus der VU hinausgegangen seid und zumindest einen Aspekt mitgenommen habt, an den Ihr Euch später in Eurem Beruf zurückerinnert und sagt: „Das hat mir was gebracht“. #DeineMeineUnsereFakultät