„Als Student hat mir das Fach überhaupt nicht gefallen, es war mir sogar unsympathisch“, sagte Wolfgang Jelinek einst in einer Lehrveranstaltung und sprach damit wohl einigen aus der Seele. Das Zivilverfahrensrecht gilt nicht unbedingt als Lieblingsfach unter Jus-Studierenden, ihm eilt der Ruf voraus, sperrig und trocken zu sein. Hat man allerdings einmal eine Lehrveranstaltung oder einen Vortrag des ehemaligen Professors am Institut für Zivilverfahrensrecht mitverfolgt, erlebt man das Gegenteil und ist geneigt, seine Einstellung umgehend zu revidieren. So anschaulich führt der „Meister der prägnanten Formulierungen“ (Bettina Nunner-Krautgasser) durch das vermeintliche Dickicht der ZPO, ergänzt Schmankerl aus der Praxis und lässt die Zeit wie im Flug vergehen. Man merkt sofort, Wolfgang Jelinek brennt für das Rechtsgebiet. Es muss ja nicht Liebe auf den ersten Blick sein…
Seinen Ausgang nahm die Laufbahn von Wolfgang Jelinek in Wien, wo der Schüler von Hans W. Fasching in den 1960er-Jahren die Liebe zum Fach, insbesondere zum Insolvenzrecht, entdeckte und sich dafür 1972 habilitierte. Dem nicht genug, legte er auch die Richteramtsprüfung ab und war u.a. als Richter im Evidenzbüro des OGH, stellvertretender Vorsitzender des Kartellgerichts beim OLG Wien, Senatsvorsitzender der Bundesentschädigungskommission oder im Bundesministerium für Justiz tätig. 1978 wurde er als Professor an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Uni Graz berufen. „Seine Leistungen sind prägend für den Zivilprozess und die wissenschaftliche Beschäftigung damit und er hat auch einen wichtigen Anteil daran, dass die REWI Uni Graz sich international orientierte und neugierig wurde, über die nationalen Grenzen zu blicken“, hielt Dekan Christoph Bezemek fest. Nicht ohne Grund wurde Wolfgang Jelinek von der Universität Maribor mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.
2010 emeritierte der langjährige Leiter des Instituts für Zivilverfahrensrecht, aber: „Seine unibezogenen Aktivitäten hat er nach der Emeritierung nicht einmal nennenswert eingeschränkt“, wie die Vize- und Forschungsdekanin Bettina Nunner-Krautgasser, selbst Jelinek-Schülerin und nunmehrige Leiterin des Instituts für Zivilverfahrensrecht, in ihrer Laudatio festhielt. Der „echte Wiener“, der mittlerweile seit 44 Jahren an der REWI Uni Graz wirkt, ist auch heute noch in Forschung und Lehre äußerst aktiv. So gab es am 23. Juni Grund, an der Fakultät gebührend zu feiern. Wolfgang Jelinek wurde mit einem Symposium zu seinem 80. Geburtstag überrascht. Eine Überraschung, die gelang, war er sich doch erst kurz vor Beginn der Veranstaltung im Klaren, was zu dem Termin, an dem er ins RESOWI-Zentrum geladen wurde, eigentlich am Programm stand.
Auch mit 80 hat der Jubilar noch nicht vor, Wissenschaft und Lehre zur Seite zu legen: „Ich hab‘ sie immer gern gemacht und der Umgang mit jungen Leuten hat mir seit jeher große Freude bereitet“, führte der Literatur-, Opern-, Theater- und Eisenbahnfan aus, der nicht nur wissenschaftlich gerne über Grenzen von Fachgebieten oder Landesgrenzen blickt, Letztere auch privat gerne bei Reisen hinter sich lässt. Thomas Garber, Professor am Institut für Zivilverfahrensrecht, brachte schließlich zum Ausdruck, wie stark die Verbindung von Wolfgang Jelinek zur REWI Uni Graz nach wie vor ist: „Wolfgang Jelinek gab seinen Studierenden einst mit auf den Weg: Reisen Sie, schauen Sie sich die Welt an. Heute möchte ich sagen: Reise, lieber Wolfgang, aber bitte in der vorlesungsfreien Zeit. Wir brauchen Dich am Institut.“