Am Donnerstag, dem 13. April 2023, fand das 2. Grazer Insolvenzrechtspraxis-Symposium – GRIPS statt, das von Univ.-Prof. Dr. Bettina Nunner-Krautgasser (Institut für Zivilverfahrensrecht und Insolvenzrecht) und Insolvenzrichterin Mag. Kathrin Poltsch (LG für ZRS Graz) veranstaltet wurde. Während das 1. GRIPS im November 2021 aus Pandemiegründen noch als reine Online-Veranstaltung stattfinden musste, durften die Veranstalterinnen Ihre Gäste diesmal im stimmungsvollen Ambiente des Meerscheinschlössls in Graz begrüßen.
Neun Vortragende aus Wissenschaft und Praxis stellten Themen aus allen Bereichen des Insolvenzrechts und angrenzender Rechtsgebiete vor: Univ.-Prof. Dr. Bettina Nunner-Krautgasser analysierte in ihrem Vortrag „Die Option in der Insolvenz“ sowohl grundsätzliche zivil- und exekutionsrechtliche Aspekte als auch Fragen im Zusammenhang mit der Insolvenz des Optionsberechtigten und des Optionsverpflichteten. Spannendes zur „Bestätigung von Sanierungsplan und Zahlungsplan“, insb auch mit Rücksicht auf bedingte Forderungen, präsentierte Hon.-Prof. Dr. Axel Reckenzaun, MBL. Univ.-Prof. Dr. Gernot Murko und Dr. Bernhard Fink trugen zu „Anfechtung und Erbrecht“ vor und berücksichtigten dabei auch Zuwendungen an Privatstiftungen. Das „Bestandgeberpfandrecht und die Aufkündigung nach § 23 IO“ erörterten Dr. Georg Muhri und Dr. Sophie Kinsky; neben der herrschenden Ansicht, dass das Bestandgeberpfandrecht den Schadenersatzanspruch wegen insolvenzspezifischer Kündigung nicht sichere, lieferten sie auch eine interessante Gegenargumentation. Mag. Laura Wuntschek-Hörtler machte die TeilnehmerInnen auf „Fallstricke in der Bauträgerinsolvenz“, insb im Zusammenhang mit der Treuhandschaft nach dem BTVG und der Anwendung des § 21 IO, aufmerksam. Dem „Freihandverkauf und Leistungsstörungen“ widmeten schließlich Mag. Georg Wielinger, MBL-HSG und Mag. Philipp Casper ihren Vortrag: Obwohl mangels gesetzlicher Grundlage beim Freihandverkauf durch den Insolvenzverwalter kein Gewährleistungsausschluss möglich sei, sprächen de lege ferenda gute Argumente für eine Zulässigkeit.
Interessante Blicke hinter die Kulissen ermöglichten am Nachmittag die Aurena GmbH, eine Plattform für Online-Auktionen, und Sachverständiger Ing. Michael Pinczolits, die wertvolle Praxishinweise ua zur Be- und Verwertung von Aktiven (beispielsweise von Hallenkränen und Industriemaschinen) gaben. Abgeschlossen wurde das Symposium mit einem abendlichen Podium der Insolvenzrichterinnen, bei dem Mag. Kathrin Poltsch (LG für ZRS Graz) und Mag. Gudrun Slamanig (LG Klagenfurt) unter der Moderation von Mag. Ulrike Ruß (LG für ZRS Graz) aktuelle Judikatur des OLG Graz vorstellten und diskutierten. Im Anschluss wurde auch die Möglichkeit, die Diskussion beim Abendbuffet fortzusetzen, rege genutzt.
Für alle, die jetzt bedauern, das Symposium verpasst zu haben, gibt es zwei gute Nachrichten: Erstens werden alle Vorträge wieder in einem Sammelband in der Grazer Schriftenreihe zum Insolvenzrecht (Verlag Österreich) erscheinen. Und zweitens soll auch im Jahr 2024 wieder ein GRIPS stattfinden!